Nordrhein-Westfalen liegt im Herzen Europas – wie kein Bundesland profitieren wir von der europäischen Einigung. Acht unserer zehn wichtigsten Exportziele befinden sich heute in der Europäischen Union. Besonders intensiv sind die Handelsbeziehungen mit den Niederlanden, Frankreich und dem Vereinigten Königreich. 2017 gingen zwei von drei Exportgütern der nordrhein-westfälischen Wirtschaft in die EU – das sind Waren im Wert von mehr als 125 Milliarden Euro.
Die offenen Grenzen zu unseren Nachbarn bedeuten für Nordrhein-Westfalen eine unschätzbare Errungenschaft: Fast 50.000 Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer pendeln heute regelmäßig ins Nachbarland – ohne lange Staus wegen lästiger Grenzkontrollen. Die Grenze zu den Niederlanden und Belgien besteht nicht mehr auf den Straßen, nicht in den Portemonnaies, nicht in den Köpfen und nicht in den Herzen. Dort, in den Euregios, leben wir jeden Tag Europa.
Das Denken und Leben über nationale Grenzen hinweg ist für die „Generation Erasmus“ Alltag, rund 4,4 Millionen junge Europäerinnen und Europäer haben seit Bestehen des Förderprogrammes die Möglichkeit genutzt, in einem anderen Land zu studieren, zu arbeiten und zu leben. Zwischen 2015 und 2017 kamen alleine 7.300 Erasmus-Studierende aus Nordrhein-Westfalen, das ist ein Spitzenplatz im Ländervergleich.
Unser europäisches Wirtschafts- und Gesellschaftsmodell steht im globalen Wettbewerb. In der Europäischen Union leben nach China und Indien die meisten Menschen, wir sind der größte Wirtschaftsraum. China, Russland und die USA haben kein Interesse an einem starken und vereinten Europa. Ihre Politik zielt darauf ab, mit bilateralen Angeboten die Europäische Union zu schwächen. Deshalb gilt heute mehr als je zuvor: Je geschlossener wir als Europäer auftreten, umso stärker können wir agieren.
"Die Errungenschaften des „in Vielfalt geeinten“ Europas dürfen wir nicht verspielen, ein Zurück ins vorgestern müssen wir verhindern. Das können wir nur, wenn wir am 26. Mai wählen und uns für Europa entscheiden."
Nur gemeinsam können wir in Europa die Herausforderungen der Zukunft bewältigen. Das gilt für die Dekarbonisierung wie auch die Digitalisierung. Denn Technologien, Daten und Algorithmen kennen keine Grenzen. Europa strebt eine Führungsrolle beim Aufbau einer menschenzentrierten künstlichen Intelligenz (KI) an. Die KI-Strategie der EU zielt darauf ab, die öffentlichen und privaten Investitionen in den nächsten zehn Jahren auf mindestens 20 Milliarden Euro jährlich zu steigern. Sonst droht Europa im globalen Wettlauf den Anschluss zu verlieren. Das Beispiel KI macht deutlich, wie auf europäischer Ebene Wissen, Ideen und Ressourcen sinnvoll gebündelt werden können.
Europa ist mehr als ein gemeinsamer Binnenmarkt. Grundlage der Europäischen Union sind die gemeinsamen Grundwerte aus Artikel 2 des EU-Vertrages: Achtung der Menschenwürde, Freiheit, Demokratie, Gleichheit, Rechtsstaatlichkeit und die Wahrung der Menschenrechte.
Der Weg zu einem freiheitlichen und geeinten Europa dauerte Jahrzehnte. Das Erreichte ist für junge Menschen heute selbstverständlich. Wer nach 1945 geboren wurde, hat keinen Krieg in Europa erlebt. Wer nach 1989 geboren wurde, kennt kein geteiltes Europa. Wer nach 2002 geboren wurde, kennt nur den Euro als gemeinsame europäische Währung.
Doch es gibt keine Garantie für das Erreichte, der Weg in die Freiheit ist keine Einbahnstraße. Die gemeinsamen Grundwerte werden durch illiberale Kräfte zum eigenen Machterhalt abgeschafft, nationale Interessen zum Schaden der europäischen Gemeinschaft propagiert.
Die Errungenschaften des „in Vielfalt geeinten“ – so der Wahlspruch – Europas dürfen wir nicht verspielen, ein Zurück ins vorgestern müssen wir verhindern. Das können wir nur, wenn wir am 26. Mai wählen und uns für Europa entscheiden. Dafür setze ich mich auch als amtierender Vorsitzender der Europaministerkonferenz gemeinsam mit meinen Kolleginnen und Kollegen aus den anderen Ländern ein, mit einer gemeinsamen Kampagne unter dem Motto „Europäische Union: gemeinsame Werte, gemeinsame Zukunft!“.