Die neue Arbeitswelt 4.0 ist für die über 7 Mio. Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer in den Unternehmen in NRW mit starken Veränderungen verbunden. Flexibilität, Agilität, Selbstbestimmung und Digitalisierung sind nur einige markante Parameter aktueller Transformationsprozesse. Der moderne – transformierte – Wirtschaftsstandort NRW braucht auch eine zeitgemäße Gerichtsbarkeit zur Konfliktlösung und Streitentscheidung. Um die damit verbundenen Herausforderungen zu bewältigen, hat auch die Arbeitsgerichtsbarkeit in NRW eine Phase großer Veränderungen bewältigt und (weitgehend) abgeschlossen. Der – papiergebundene – Arbeitsgerichtsprozess, wie er seit 1926 die Tätigkeit der Arbeitsgerichte nunmehr fast 100 Jahre prägte, ist durch den neuen digitalen Arbeitsgerichtsprozess abgelöst.
Elektronische Kommunikation
Für die Kommunikation mit den Gerichten können Rechtsanwaltskanzleien, Verbände, Gewerkschaften und Behörden inzwischen rein elektronische Kommunikationswege nutzen. Durch schnelle und sichere Verbindungen ist der Weg zur Justiz einfacher und schneller geworden.
Papierloses Gericht
Die Bearbeitung der eingereichten Schriftstücke erfolgt bei den Arbeitsgerichten in NRW rein elektronisch durch E-Akten-Programme. Im Laufe des Jahres 2023 werden auch die drei Landesarbeitsgerichte umgestellt sein. Dann arbeitet die Arbeitsgerichtsbarkeit in NRW als eine der ersten Gerichtsbarkeiten in NRW fast vollständig papierlos.
Videoverhandlungen
Die Corona-Pandemie hat bei der technischen Ausrüstung der Justiz wie ein „Turbo“ gewirkt. Die Sitzungssäle der Gerichte sind technisch aufgerüstet worden. Die Arbeitsgerichte können den Parteien, ihren Bevollmächtigten, Zeugen und Sachverständigen anbieten, sich zu einer mündlichen Verhandlung per Video zuzuschalten. Das Bundesjustizministerium in Berlin hat ausgehend von einem Beschluss der Herbstkonferenz 2021 der Justizministerinnen und Justizminister aktuell einen Gesetzentwurf vorgelegt, der Videoverhandlungen bei Gerichten noch ausweiten soll. Die Digitalisierung unserer Gesellschaft erfordert auch von der Justiz veränderte Formen der Prozessführung und des Verhandelns. Nicht zuletzt auch vor dem Hintergrund des gesellschaftlichen Wandels beim Klimaschutz werden sie Teil der neuen digitalen Gerichtskultur sein. Allerdings ist Augenmaß geboten. Die elektronische Kommunikation erreicht nicht das Niveau eines persönlichen Austausches. Es wird auch in Zukunft Verfahrensgegenstände und Verhandlungssituationen geben, die einen persönlichen Austausch erfordern.
Remote Work
Die digitale Arbeitsweise der Arbeitsgerichte eröffnet neue Möglichkeiten bei der Binnenorganisation der Gerichtsbarkeit. Standortübergreifendes Arbeiten erleichtert in Zukunft, Personalausfälle bei den Gerichten zu kompensieren. Gleichzeitig können die Beschäftigten mobil und flexibel arbeiten, so dass die Justiz moderne, familienfreundliche Arbeitsplätze anbieten kann.
Legal-Tech
Künstliche Intelligenz (KI) ist auf dem Vormarsch, was nicht zuletzt der Hype um „ChatGPT“ zeigt. Rechtsanwaltskanzleien und Unternehmen nutzen KI zur Unterstützung ihrer Arbeit bereits jetzt in vielfältiger Weise. Auch die richterliche Arbeit könnte – und sollte – durch den Einsatz von KI unterstützt werden. Erste Pilotprojekte insbesondere für Massenverfahren im Bereich des Reiserechts oder der „Dieselklagen“ sind von den Justizverwaltungen der Länder bereits auf den Weg gebracht worden. Der Einsatz von KI im (Arbeitsgerichts-) Prozess muss allerdings zwei grundlegende Voraussetzungen erfüllen:
Einerseits muss KI transparent und vertrauenswürdig sein. Außerdem darf nur KI zum Einsatz kommen, die die richterliche Arbeit unterstützt und nicht ersetzt. Anders als im Bereich der Staatsverwaltung, wo Vorschriften – etwa bei der Finanzverwaltung – heute schon die Möglichkeit vorsehen, Bescheide vollständig automatisiert zu erstellen, ist die rechtsprechende Gewalt gemäß Art. 92 GG Richterinnen und Richtern anvertraut. Ein „Robo-Judge“ ist in Deutschland auch in Zukunft nicht möglich - und auch nicht erstrebenswert.