Ein Auftrag kann nicht angenommen werden. Ein IT-Projekt muss verschoben werden. Öffnungszeiten werden reduziert. Das alles sind Auswirkungen des Fach- und Arbeitskräftemangels. Und diese Auswirkungen werden immer stärker spürbar. Fehlende Fach- und Arbeitskräfte werden somit zu einer Bedrohung unseres Wohlstands und unserer Innovationsfähigkeit.
Vor einigen Jahren konnte man noch das Gefühl haben, dass für manchen der sich bereits abzeichnende Fachkräftemangel das „Luxusproblem“ des Arbeitsmarktes war – im Vergleich zum „echten“ Problem Arbeitslosigkeit. Keine Frage: Wir müssen weiterhin alles tun, um Arbeitslosigkeit zu vermeiden und insbesondere Langzeitarbeitslosigkeit zu reduzieren. Mittlerweile ist aber allen klar: Fachkräftemangel ist ein ernstes Problem. Denn: Wo Fachkräfte fehlen, werden wir Themen wie Digitalisierung und nachhaltige Transformationen nicht erfolgreich meistern. Wir brauchen die Fachkräfte, die beispielsweise eine Wärmepumpe oder ein IT-Netzwerk installieren.
Und der Fachkräftemangel reicht weit über die Wirtschaft hinaus: Öffentliche Verwaltung, Schule, Pflege sind nur einige weitere Beispiele. Fachkräftemangel betrifft uns als Gesellschaft insgesamt, ist kein Nischen- sondern DAS zentrale Thema!
Die schlechte Nachricht an dieser Stelle ist: Es droht noch schlimmer zu kommen. Denn: In den kommenden Jahren scheiden die Babyboomer-Jahrgänge aus dem Erwerbsleben aus. Und sie hinterlassen eine große Lücke. Die nachrückenden Jahrgänge, die in den kommenden Jahren in das Erwerbsleben einsteigen, sind nur halb so groß. Es fehlt ein halber Jahrgang!
Die gute Nachricht ist aber: Wir können etwas tun! Und: Es besteht große Einigkeit, dass etwas getan werden muss. Das zeigt sich unter anderem darin, dass mittlerweile sowohl die Bundesregierung als auch die Landesregierung NRW eine Fachkräftestrategie bzw. -offensive vorgelegt haben. Dazu kann man sagen: Die Richtung stimmt. Allerdings gilt hier wie in so vielen anderen Politikbereichen auch: Konkret werden! Handeln! Und Tempo machen! Wir haben keine Zeit!
Dabei ist für uns als Wirtschaft klar: Auch die Unternehmen müssen ihren Beitrag leisten, um Fachkräfte zu finden, zu gewinnen und zu sichern. Und sie tun dies auch. Sei es durch eine starke betriebliche Ausbildung, durch flexible Arbeitszeitmodelle zur besseren Vereinbarkeit von Familie und Beruf, passgenaue Qualifizierung von Mitarbeitern, Angebote zur betrieblichen Gesundheitsförderung… Einen Eindruck von dem vielfältigen Engagement vermittelt aktuell unsere Kampagne #NRWirtschaftSichertFachkräfte.
Aber: Es braucht auch das konsequente Handeln der Politik. Es braucht eine umfassende Fachkräftestrategie. Es reicht nicht aus, ein Rädchen zu bewegen. Es müssen sehr viele Räder gleichzeitig bewegt werden. Dabei gilt: Fachkräftesicherung muss sowohl die inländischen als auch die ausländischen Potenziale in den Blick nehmen. Wir dürfen das eine nicht gegen das andere ausspielen. Denn: Wir brauchen beides.
Bei den inländischen Potenzialen gibt es viele Ansätze: Es beginnt damit, dass ein hochwertiges Kinderbetreuungsangebot zur Verfügung steht, damit Kinder früh gefördert werden und Eltern die Vereinbarkeit von Familie und Beruf ermöglicht wird. Weitere Ansätze sind: Hochwertige Schulbildung, fundierte Berufsorientierung, passgenaue Ansätze für Integration und Inklusion, aktivierende Arbeitsmarktpolitik, moderner Arbeitszeitrahmen, Nutzung der Digitalisierung und noch einiges mehr. Das Themenspektrum reicht bis hin zu der Frage, wann und wie wir den Eintritt in den Ruhestand gestalten.
Und noch eine grundsätzliche Bemerkung: Wenn wir als Gesellschaft vor allem darüber diskutieren, wie wir weniger arbeiten können, dann ist das der grundfalsche Weg. Wir müssen vielmehr verdeutlichen, wie wichtig Arbeit ist – und dass davon unser aller Wohlstand abhängt.
Im Hinblick auf die ausländischen Potenziale gilt: Gesetze mit besseren Regelungen für qualifizierte Zuwanderung sind das eine. Gut, dass hier bereits einiges passiert ist. Wir brauchen aber auch Verwaltungsverfahren in den Behörden und eine Willkommenskultur in unserer Gesellschaft insgesamt, die ausländischen Fachkräften zeigen: Wir brauchen Euch, Ihr seid hier willkommen! Das heißt: Wir müssen ausländischen Fachkräften nicht nur den Weg in Arbeit ebnen. Wir müssen und wollen ihnen auch als Gesellschaft insgesamt offen gegenüberstehen – damit sie sich hier wohl fühlen.
Mein Fazit: Wir haben Ansatzpunkte genug. Daher bleibt als zentrale Botschaft: Handeln! Und: Nicht alles wirkt unmittelbar. Umso wichtiger: Tempo!