Der NRW-Wirtschaftsblog
Klartext
im Westen

Ist die Zeit gekommen, dass der deutsche Mittelstand auf die Straße geht?

Von Michael Vitz

Geschäftsführer der Johann Vitz GmbH & Co. KG

Michael Vitz, Geschäftsführer der Johann Vitz GmbH & Co. KG, schreibt im NRW-Wirtschaftsblog über aktuelle Herausforderungen für den Mittelstand.

Der Mittelstand hat die hinter uns liegenden und aktuellen Krisen in vielen Bereichen gut gemeistert, doch aktuelle Umfragen lassen für 2024 den sonst weit verbreiteten Optimismus der meist familiengeführten Unternehmen nicht mehr erkennen.

Die enormen Kostensteigerungen in vielen Bereichen werden von zunehmender Bürokratisierung und einer steigenden Anzahl von gesetzlichen Verpflichtungen begleitet. Lieferkettensorgfaltspflichtgesetz, Hinweisgeberschutzgesetz, Corporate Sustainability Reporting Directive (CSRD) sind nur ein Teil der ausufernden Regularien. Dies alles erfordert immensen Aufwand, insbesondere, weil die oft größeren Kunden der mittelständischen Betriebe diese Forderungen meist in gesteigerter Form an ihre Lieferanten weiterreichen. Die damit einhergehenden Zertifizierungen für Energie, Umwelt, Arbeitssicherheit, Qualität (insbesondere IATF im Automobilbereich) etc. bringen viele unnötige Formalismen und nicht wertschöpfende Tätigkeiten in die Betriebe.

Die Geschäftsbedingungen der Kunden, nicht nur aus dem Automobilbereich, greifen die Themen häufig einseitig zu ihren eigenen Nutzen auf. Risiken werden dabei gerne auf den kleineren Zulieferer abgewälzt. Wie soll z.B. ein Mittelständler die mittlerweile weit verbreitete Forderung nach verschuldensunabhängiger Haftung absichern? Ein faires Miteinander, um gemeinsame Ziele zusammen zu erreichen, wird immer seltener.

Gemeinsam Lösungen finden

Dabei werden in letzter Zeit von Kunden trotz steigender Kosten in allen Bereichen Forderungen nach Preisreduzierungen laut. Die Zulieferer haben in weiten Teilen jedoch noch nicht alle Kosten für Preiserhöhungen von Material, Energie, Löhnen und anderen Zukaufteilen weitergeben können, sollen aber jetzt schon wieder Preiszugeständnisse machen. Es gibt sicherlich noch mehr Gründe auf die Straße zu gehen, auch wenn es wichtig ist, dass die Öffentlichkeit die Situation kennen muss. Aber löst das unser Problem?

Nein, wir müssen das unternehmen was Unternehmerinnen und Unternehmer gut können und gemeinsam Lösungen finden. Wichtig ist, dass wir ehrlich miteinander umgehen. Ein einseitiges Durchsetzen von Interessen hat langfristig keinen Bestand. Mehr Fairness in der Kunden-Lieferantenbeziehung ist dringend notwendig. Kostenreduzierungen sind nur durch gemeinsame Anstrengungen umsetzbar.

Die oft auf EU-Ebene entstandenen Regularien müssen wir pragmatischer umsetzen. Hier sollte die Politik schon bei der Entstehung Industrievertreter mit ins Boot nehmen. Nicht grundlos musste in der letzten Zeit die eine oder andere Entscheidung unserer Regierung stark revidiert werden. Eine sehr gute Arbeit leisten hier die verschiedenen Verbände, in denen sich Mittelständler organisieren, um mit einer starken Stimme auftreten zu können. Gemeinsam können und wollen wir Lösungen finden, um den steigenden Anforderungen begegnen zu können.

Das Wichtigste für die Zukunft ist, dass wir unseren Optimismus wieder zurückgewinnen, um gemeinsam eine gute Zukunft für alle zu schaffen.

Über den Autor
Michael Vitz

Geschäftsführer der Johann Vitz GmbH & Co. KG

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