Angesichts der aktuell schwierigen wirtschaftlichen Entwicklung ist es ein besonders starkes Signal von den Betrieben, dass die Zahl der Ausbildungsplätze in diesem Jahr zu steigen scheint. Denn die Unwägbarkeiten waren auch schon vor dem Ukraine-Krieg groß (z.B. Corona, Lieferketten). Aber die Betriebe wissen: Die Auszubildenden von heute sind die Fachkräfte von morgen.
Große Sorgen bereitet vielen Unternehmen in dieser Situation der sich fortsetzende Bewerberrückgang. Wenn sich dieser Trend bestätigt, drohen noch mehr Ausbildungsplätze unbesetzt zu bleiben als in den Vorjahren. Dann fehlen uns in ein paar Jahren noch mehr Fachkräfte, die wir dringend benötigen – nicht zuletzt auch für Themen wie Klimaschutz oder Energiewende.
Gemeinsam für Ausbildung werben
Darum ist es wichtig, dass wir alle – auch gemeinsam – für Ausbildung werben. In den Verbänden und Unternehmen tun wir sehr viel dafür, um junge Menschen für die eigene Ausbildung zu gewinnen. Wichtig ist, dass wir darüber hinaus gemeinsam aktiv werden, auch um die Gesellschaft insgesamt von der Bedeutung dieses Bildungswegs zu überzeugen.
Es ist daher ausdrücklich zu begrüßen, dass die neue Landesregierung Nordrhein-Westfalen zum Berufsbildungsland Nummer eins machen will und die berufliche Bildung in Nordrhein-Westfalen gestärkt werden soll. Denn neben akademischen Fachkräften, insbesondere im MINT-Bereich, braucht es mindestens genauso dringend Fachkräfte mit einer beruflichen Qualifikation. Aus Sicht der Wirtschaft darf es dabei nicht zu einem gegenseitigen Ausspielen von beruflicher und akademischer Bildung kommen.
Praktika von großer Bedeutung
Ein systematisches und frühzeitiges Kennenlernen der beruflichen Bildung in der Schule ist ein erster wichtiger Schritt im Prozess der Berufsorientierung. Es ist von zentraler Bedeutung, dass sich junge Menschen in Betrieben umschauen können. Das Thema „Praktika“ können wir daher gar nicht genug bewerben, um jungen Menschen die Chancen einer Ausbildung aufzuzeigen. Zahlreiche Angebote zur Berufsorientierung wurden während der Pandemie angepasst und in digitale Formate umgewandelt. Es ist schön und wichtig, dass jetzt vieles wieder „live“ stattfinden kann. Die Erfahrungen mit digitalen Angeboten sollten gleichwohl genutzt werden - sie können das "Live"-Erlebnis sicherlich nicht ersetzen, aber ergänzen.
Auch die gesamtgesellschaftliche Anerkennung und Wertschätzung der beruflichen Ausbildung bei Eltern, Lehrkräften und nicht zuletzt in den Medien muss eine Aufwertung erfahren. Mit zahlreichen Aktivitäten und Angeboten zur beruflichen Orientierung und zur Förderung der MINT-Bildung gibt hier z. B. das Netzwerk SCHULEWIRTSCHAFT NRW wichtige Impulse, die von Unternehmen, Verbänden und der Politik aufgriffen werden können. Im Rahmen von Projekten wie dem NETZWERK Q 4.0 trägt das Bildungswerk der Nordrhein-Westfälischen Wirtschaft e. V. zudem dazu bei, die Ausbilderinnen und Ausbilder in den Unternehmen fit für die Digitalisierung zumachen.
Ausbildung wird zum Lernen auf Augenhöhe
Wir bei Siemens entwickeln aus den genannten Gründen unsere Ausbildungsphilosophie kontinuierlich weiter. Im Bewerbermarketing wollen wir die potenziellen Bewerber*innen von uns überzeugen und gehen dahin, wo sich diese bewegen, z. B. bei Instagram oder auf der GamesCom. Ausbildung wird zum Lernen auf Augenhöhe, denn wir rücken die Lernenden und ihre individuelle Kompetenzentwicklung in den Mittelpunkt. Selbstgesteuerte und lebenslange Lernprozesse, vernetztes Denken und kundenorientiertes Handeln sollen stärker gefördert werden. Gleichzeitig stärken wir die ganzheitliche Trainingsverantwortung. Die Ausbildungsverantwortlichen bleiben länger in den Gruppen, erhalten mehr Gestaltungsfreiräume und ihre Rolle ändert sich weg von Lehrenden hin zu Coach und Lernbegleitenden.
Eine moderne berufliche Ausbildung bietet auf diese Weise exzellente individuelle Entwicklungsmöglichkeiten und schafft das Fundament für lebenslange Lernprozesse, in denen später auch die dann erforderlichen Zukunftskompetenzen erworben werden. Dies alles ist nicht nur Grundvoraussetzung für die Deckung des aktuellen Fachkräftebedarfs, sondern nicht zuletzt für die Zukunftsfähigkeit des Unternehmens und der Wirtschaft insgesamt.