Der NRW-Wirt­schafts­blog
Klartext
im Westen

Metropole Ruhr: Neue Möglich­keiten in einer aufstre­benden Region

Von Thomas  Kufen

Ober­bür­ger­meister der Stadt Essen

Thomas Kufen über die Metropolregion Ruhr. Er schreibt über aktuelle Entwicklungen und Heraus­for­de­rungen für die Städte durch den Strukturwandel in der Zukunft.

Die Region an Ruhr, Lippe und Emscher mit 5,1 Millionen Einwohnerinnen und Einwohnern in 53 Kommunen ist der drittgrößte städtische Ballungsraum in Europa und besitzt damit ein Potenzial, von dem Wirtschaft und Gesellschaft gleichermaßen profitieren können. Zu den Hochzeiten von Kohle und Stahl war die Region der größte Montanstandort Europas und damit Motor für ganz Deutschland. Was viele Jahre wichtige Voraussetzung für das Wirt­schafts­wunder in Deutschland war und gleichzeitig Arbeitsplätze in den Städten der Ruhrregion schuf, wurde ihr später zum Nachteil.

In der Stahlkrise und dem anschließenden Strukturwandel wurde deutlich, dass vor allem die Bereiche Bildung und Kultur vernachlässigt wurden.

Während in den 1960er Jahren an der Ruhr beispielsweise knapp 400.000 Menschen im Stein­koh­le­bergbau arbeiteten, gab es nicht eine Studentin oder einen Studenten. Seit dieser Zeit hat sich im Ruhrgebiet viel geändert: Während im Dezember 2018 die letzte Zeche schließt, erreichte die Zahl der Studierenden in der Metropole Ruhr im Wintersemester 2016/ 17 mit mehr als 270.000 Studierenden eine neue Rekordmarke. Das Areal des UNESCO-Welterbes Zollverein bietet heute wieder ähnlich viele Arbeitsplätze wie zu Zeiten der Zeche – inklusive der neuen Folkwang Universität der Künste. Die große Heraus­for­de­rung und wichtigste Aufgabe der kommenden Jahre wird sein, diese vielen gut ausgebildeten jungen Menschen in der Region zu halten.

Unser Ziel bleibt die Entwicklung des Ruhrgebiets zu einer Metropolregion, die sich im inter­na­tio­nalen Stand­ort­wett­be­werb selbstbewusst positionieren kann. Der Weg dahin führt vorrangig über mehr Zusammenarbeit, die den Prozess der Metro­po­len­bil­dung befördert und gleichzeitig einen wirksamen Beitrag zur Haus­halts­kon­so­li­die­rung in den Städten leistet. Nur gemeinsam wird es uns gelingen, das Potenzial unserer Region vollständig zu erschließen und im globalen Wettbewerb konkur­renz­fähig zu bleiben.

Das Ruhrgebiet ist eine der dynamischsten Regionen Europas.

Wirtschaft und Gesellschaft hängen eng zusammen, genauso ist die Stadt­ent­wick­lung ein wichtiger Bestandteil, um die Wirtschaft zu fördern und gute und tragfähige Rahmen­be­din­gungen zu schaffen.

Wo Menschen gerne leben, lassen sich leichter gut ausgebildete Mitar­bei­te­rinnen und Mitarbeiter finden, entstehen eine hohe Dynamik, mehr Kreativität und mehr Ideen für wirt­schaft­liche Entwicklungen. Gerade im Ruhrgebiet, wo der Strukturwandel noch nicht abgeschlossen ist und die Auswirkungen des Wegfalls traditioneller Industrien immer noch zu Schwie­rig­keiten führt, stehen viele Städte vor den gleichen Heraus­for­de­rungen.

Erfolgreiche Beispiele bestehen bereits.

Essen ist mit mehr als 590.000 Einwohnerinnen und Einwohnern erfolgreicher Konzern-, Messe-, Wissenschafts- und Gesund­heits­standort, darüber hinaus die Energiestadt der Region. 13.000 Menschen arbeiten bereits heute im Bereich der Green Economy. Mehr als 45.000 Menschen arbeiten im Gesund­heits­system und in den Unternehmen der Gesund­heits­wirt­schaft. Das sind mehr als 20 Prozent aller sozi­al­ver­si­che­rungs­pflich­tigen Arbeitsplätze in Essen. Die Stadt trägt zum zweiten Mal einen Europäischen Titel – nach der Kultur­haupt­stadt Europas als Bannerträgerin für die Region in 2010 waren wir 2017 Grüne Hauptstadt Europas. Gerade der Titel als Europäische Grüne Hauptstadt steht für die erfolgreiche Transformation von einer Kohle- und Stahlstadt zur grünsten Großstadt in Nordrhein-Westfalen.

Daneben denken wir Stadtplanung überregional. So zum Beispiel beim Infra­struk­tur­pro­jekt „Freiheit Emscher“, dem Inter­kom­mu­nalen Entwick­lungs­plan der Städte Essen, Bottrop und der RAG Montan Immobilien GmbH, das die riesige industrielle Brachfläche von rund 1.700 Hektar – also rund 2.400 Fußballfelder – beschreibt, die sich über beide Städte erstreckt und die gemeinsam entwickelt werden soll.

Der Strukturwandel ermöglicht eine Neustruk­tu­rie­rung der Region, die ihren Bewohnerinnen und Bewohnern neue Möglichkeiten eröffnet. Die Metropole Ruhr kann somit auch Vorbild sein. Ausschlag­ge­bend für künftige Erfolge ist der Wille, die Zeichen der Zeit zu erkennen und sie verändern und gestalten zu wollen.

Politik muss die Bürgerinnen und Bürger dabei mitnehmen, sie einbinden und für die Ideen begeistern. Dieser Prozess ist nicht immer einfach. Im Ergebnis bedeutet es aber, dass sich die Menschen dort, wo sie mitgenommen werden, wohl fühlen und gerne leben.

Das Ruhrgebiet ist eine der dynamischsten Regionen Europas. Neue wichtige Impulse für das gesamte Revier verspricht auch die Ruhrkonferenz, die die Landes­re­gie­rung ab diesem Jahr plant und die bis zum Jahr 2030 angelegt ist. Bereits 1979 und 1988 haben solche Konferenzen Entwick­lungs­schübe für das Ruhrgebiet auslösen können.

Denn in den zurück­lie­genden Jahren wurde viel erreicht. Nun gilt es, diese Erfolge mit einer nachhaltigen wirt­schaft­li­chen Entwicklung zu verbinden. Dazu müssen wir in der Metropole Ruhr gemeinsam beitragen, von Beginn an konstruktiv mitarbeiten und uns mit Ideen einbringen.

Über den Autor
Thomas Kufen

Ober­bür­ger­meister der Stadt Essen

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