Durch den russischen Angriffskrieg gegen die Ukraine wurden im Jahr 2022 die Strompreise in Höhen getrieben, die vielen Unternehmen Angst vor der Zukunft machen. Insbesondere die deutsche Abhängigkeit von den russischen Energieimporten führte durch das Order-Merit-Prinzip zu Verteuerungen im Energiesektor, die die Wettbewerbsfähigkeit vieler Unternehmen auf die Probe stellte. Besonders energieabhängige Unternehmen wie Gießereien wurden damit vor besondere Aufgaben gestellt. Die Gespräche mit nationalen und internationalen Kunden führten immer wieder zu der Frage, ob energieintensive Industrie in Deutschland noch möglich, ja gewünscht ist. Von Seiten der Politik wurden Gesetze zur Strom- und Gaspreisdeckelung aufgesetzt, allerdings konnten die Unternehmen in diesen komplizierten und teilweise nicht anwendbaren Paragrafen oft nicht die gewünschten Energiepreisbremsen nutzen. Die Gespräche in der zweiten Jahreshälfte 2022 mit Kunden waren geprägt von Nöten und Erklärungen, warum in Deutschland im Gegensatz zum europäischen Ausland keine „einfachen“ Deckel der Energiepreise möglich waren, sondern komplizierte Regelungen teilweise die Firmen überforderten. Öffentlich genannte Strompreisobergrenzen von 13 ct/kwh waren in der Realität nicht haltbar und führten zu großem Unverständnis. Als dann noch eine „Differenzbetragsanpassungsverordnung“ in Kraft gesetzt wurde, mussten die verhandelten Strompreise noch einmal überarbeitet und teilweise neu mit den Kunden verhandelt werden.
Guss ist der Anfang einer Wertschöpfungskette für zukünftige klimaneutrale Produktion in der Welt
Dabei ist gerade die Gießereiindustrie ein sehr wichtiger Produzent von Teilen, die absolut notwendig für den Weg hin zur Klimaneutralität sind. Ohne Guss gibt es keine Windräder, keine Fahrzeuge zum Transport der notwendigen Produkte, keine Kräne, keine Züge, keine Busse, keine E-Autos. Guss ist der Anfang einer Wertschöpfungskette für zukünftige klimaneutrale Produktion in der Welt, und damit in Deutschland. 600 Gießereien in Deutschland mit circa 70.000 Beschäftigten tragen mit guten Löhnen dazu bei.
In den Gesprächen mit unseren Kunden im letzten Jahr 2022 konnte ein gewisses Verständnis für die kurzfristigen, massiven Strompreisverteuerungen erzeugt werden. Aber die Erwartungen an stark fallende Preise für die nächsten Jahre wurden auch formuliert, da man die Wettbewerbsfähigkeit sonst nicht mehr als gegeben ansieht. Der Trend zur Verlagerung ins europäische oder asiatische Ausland ist aufgrund der Rahmenbedingungen in Deutschland der letzten Jahre bereits vorhanden, aber durch die Energiekosten wurde dieser Nachteil noch einmal verschärft. Und was bedeutet dieser Effekt dann für die gewollte und notwendige Energiewende und Klimaneutralität in Deutschland? Gussprodukte werden unter wesentlich schlechteren Umweltschutzbedingungen hergestellt und anschließend über lange Wege nach Deutschland importiert, gut bezahlte Arbeitsplätze fallen weg. Und ob die benötigten Waren überhaupt verfügbar sind, muss sich auch noch erweisen.
Um die Industrie in Deutschland zu halten, benötigen wir jetzt einen Industriestrompreis
Leider fehlt im Augenblick in unseren Augen der Masterplan, in welcher Zeit und wo die gewollten Windräder und Solaranlagen aufgebaut werden, woher die Strommengen, die für die Transformation benötigt werden, kommen sollen. Um die Industrie in Deutschland zu halten, benötigen wir jedoch jetzt einen Industriestrompreis, der uns eine Planungssicherheit für die nächsten Jahre gibt und die Wettbewerbsfähigkeit gegenüber der Konkurrenz im Ausland wieder auf ein Niveau bringt, welches die Abwanderung von Arbeitsplätzen, ja zum großen Teil auch Schließungen von Unternehmen, verhindert. Viele Mittelständler werden nicht die Möglichkeiten haben, komplette Firmen neu im Ausland aufzubauen. Dadurch werden Verknappungen von Gussteilen entstehen und die Lieferketten für klimaneutrale Produkte massiv gestört. Die energieintensive Gießerei wünscht sich einfach ein „Ja zur Industrie“. Natürlich müssen dann neben dem Industriestrompreis auch schnellstmöglich die erforderlichen Strommengen und Stromleitungen erreicht werden, um nicht durch Produktionsunterbrechungen Schäden an Anlagen und Maschinen zu bekommen. Schnelle Genehmigungsverfahren und digitale Prozesse sind hier gefragt und notwendig.
Wir als Industrieunternehmen sind in Vorleistung getreten und haben den Produktionsstandort Deutschland hochgehalten, für die Rahmenbedingungen der nächsten Jahre muss die Politik mit mutigen Entscheidungen, Weitsicht und einer Bekräftigung zum Industriestandort Deutschland sorgen. Ansonsten steht die gesamte Klimawende vor dem Scheitern, denn wie erwähnt:
Ohne Guss dreht sich kein (Wind)Rad.