Der NRW-Wirtschaftsblog
Klartext
im Westen

Warum NRW Mobilität neu denken muss

Von Prof. Dr.  Günther  Schuh

Lehrstuhl für Produktionssystematik am WZL der RWTH Aachen und CEO der e.GO Mobile AG

Prof. Dr. Günther Schuh nennt im NRW-Wirtschaftsblog Lösungsansätze für die Mobilität von morgen in Nordrhein-Westfalen.

Nordrhein-Westfalen ist besonders dicht besiedelt. Wir haben viele Städte und hohe Verkehrsdichten. Fahren Sie mal mit dem Fahrrad oder einem unserer e.GO Karts (man sitzt besonders tief) durch eine unserer schönen Städte Düsseldorf, Köln, Bonn, Essen, Dortmund oder Aachen. Es stinkt. Wir brauchen nicht nur auf die Grenzwerte von CO2, NOx, SOx zu schauen, um zu wissen, dass wir in NRW besonders beherzt etwas ändern müssen.

Und es geht! Schon jetzt. Aber wir müssen konzertiert vorgehen. Wir brauchen neben dem gut angelaufenen Aktivismus dringend Konvergenz, sonst können die einzelnen Lösungsbausteine (Ladeinfrastruktur, Umstellung ÖPNV, Parkplatznutzung, e-Shuttle, Verkehrs-Apps etc.) nicht skalieren und sich damit auch nicht durchsetzen.

Welche Ziele sollten für die neue Mobilität in NRW mindestens gelten?

  1. In unseren Städten sollte schnell ein großer Teil aller Fahrten emissionslos erfolgen um NOx, CO2 und Feinstaub deutlich zu reduzieren und Verbote zu vermeiden.
  2. In stadtnahen Bereichen sollten mehr Menschen mit weniger Fahrzeugen bedarfsgerecht bewegt werden können, um Staus und Parkplatznot zu reduzieren und unsere Städte attraktiver zu machen.

"Wir können in NRW nicht nur Leitmarkt für eine moderne Metropolen-Mobilität werden, sondern im Engineering Valley NRW auch Leitanbieter zu allen Lösungsbausteinen."

Die folgenden Lösungsbausteine können sofort in Angriff genommen werden. Sie verstärken viele der bereits begonnenen Maßnahmen und sie konvergieren, d.h. sie lassen sich zu einem Gesamtkonzept mit vielen Synergieeffekten vereinen:

  1. Arbeitgeber in unseren Städten sollten handeln: Sie sollten ihre Mitarbeiter beim Umstieg auf emissionsfreie Fahrzeuge unterstützen, indem sie deren e-Fahrzeuge fördern und ihnen kostenlose Lademöglichkeiten auf Firmenparkplätzen zur Verfügung stellen.
  2. ÖPNV durch Elektro-Kleinbusse ergänzen (People Mover): Der fahrplanmäßige ÖPNV sollte durch elektrisch angetriebene People Mover und Shuttle ergänzt werden, um mehr Verkehr bündeln und das ÖPNV-Angebot besser auslasten zu können, insbesondere solange die Umstellung auf große Elektrobusse noch so teuer und langwierig ist.
  3. Aufbau einer cloudbasierten IoT-„Platform NRW Mobility“: Fahrplan-, Nutzungs- und Auslastungsdaten aller öffentlichen und teilweise nicht-öffentlichen Verkehrsträger sind in einem cloudbasierten Digitalen Schatten zusammenzuführen. Alle Verkehrsträger und weitere Dienstleister können mit ihren Apps darauf zugreifen. Durch diese Transparenz können Angebot und Nachfrage besser austariert und Lücken im Mobilitätsangebot durch zusätzliche Mobilitätsanbieter (z.B. Sammeltaxen) geschlossen werden. Viele Verkehrsteilnehmer würden so aus Bequemlichkeit auf die Fahrt in die Stadt mit ihrem Individualfahrzeug verzichten.
  4. Innenstadtverkehre stärker bündeln: Die vorhandenen Park&Ride-Parkplätze für Pendler und Besucher sollten ausgebaut und über ein On-Demand Angebot mit elektrischen People Movern und Shuttle Bussen so attraktiv angebunden werden, dass es wiederum bequemer ist, sein Individualfahrzeug dort zu parken und gegebenenfalls zu laden, als mit dem eigenen Auto in die Innenstadt zu fahren. Vorhandene, derzeit schwach genutzte Parkhäuser sollten für diesen Park&Ride-Service genauso genutzt werden, wie neue Mini-Park&Ride-Parkhäuser, die auf geeigneten Grundstücken an Einfallstraßen der Städte zügig errichtet werden könnten.
  5. Bau von Wasserstofftankstellen: Das Licht am Ende des (noch) Tunnels der Elektromobilität sind nicht Fahrzeuge mit großen Feststoffbatterien, sondern Fahrzeuge mit relativ kleinen Batterien und Brennstoffzellen als Range Extender. Feststoffbatterien sind und bleiben für große Fahrzeuge vorerst zu teuer. Daher sollten in allen Städten in NRW umgehend ein bis drei Wasserstofftankstellen für Busse, Lkw, Shuttle, Mover und Taxen errichtet werden. Diese Fahrzeuge können dadurch deutlich preisgünstiger angeboten werden und verfügen über große Reichweiten und Betriebszeiten. Gleichzeitig lockt die Verfügbarkeit von Wasserstofftankstellen Vielfahrer zum Erwerb eines Wasserstoff-Plug-in-Hybrid Fahrzeugs anstelle von Verbrennerfahrzeugen.

Packen wir es an. Wir können in NRW nicht nur Leitmarkt für eine moderne Metropolen-Mobilität werden, sondern im Engineering Valley NRW auch Leitanbieter zu allen Lösungsbausteinen.

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Prof. Dr. Günther Schuh

Lehrstuhl für Produktionssystematik am WZL der RWTH Aachen und CEO der e.GO Mobile AG

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