Der NRW-Wirtschaftsblog
Klartext
im Westen

Wenn es Europa nicht gäbe, wir müssten es erfinden

Von Prof. Dr.  Andreas  Pinkwart

Bis Juni 2022 Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

Im NRW-Wirtschaftsblog erklärt der Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen, Andreas Pinkwart, warum NRW Europa braucht, und warum Europa NRW braucht.

Mit der Wahl des Europäischen Parlaments im Mai 2019 steht uns eine richtungsweisende Wahl für die Zukunft Europas bevor. Denn noch nie war es so wichtig, dass sich Menschen für die europäische Idee einsetzen und europafeindlichem Populismus die Stirn bieten. Die Rolle Europas als Fundament von Freiheit, Frieden und Demokratie hat sich über Jahrzehnte bewährt. Seiner wachsenden Bedeutung für fairen Welthandel, digitalen Fortschritt, Klimaschutz und Energie sowie innere und äußere Sicherheit müssen wir uns noch bewusster werden und uns gezielt auf die gemeinsame Gestaltung dieser Themen konzentrieren. Oder anders gewendet: Wenn es Europa nicht gäbe, wir müssten es erfinden! 

Wir brauchen Europa, Europa braucht uns

Gemeinsam definierte Ziele helfen uns, den Europäischen Wirtschaftsraum als zweitgrößte Wirtschaftszone der Welt mit einer jährlichen Wirtschaftsleistung von über 17,5 Billionen US-Dollar strategisch zu positionieren und auf Spielregeln für fairen Welthandel hinzuwirken. Die ebenso besonnene wie kluge Haltung der EU-Kommission im Handelskonflikt mit den USA hat gezeigt, wie wirksam Europa bei der Sicherung freien Handels und fairen Wettbewerbs sein kann, wenn Europa ge- und entschlossen handelt. Dies sollte die Verantwortlichen in Europa motivieren, sich künftig auf die ungelösten großen Themen zu konzentrieren. Europa wird künftig mehr für seine äußere Sicherheit wie für die wirksame Abwehr von Terror und organisierter Kriminalität im Innern tun und hierfür geeignete Institutionen schaffen müssen. Dies gilt ebenso für einen europäischen Energiebinnenmarkt mit gemeinsamen Klimazielen und marktlichen Anreizen für eine möglichst effiziente Energieversorgung und Vermeidung von Treibhausgasen. Zentral für die künftige Wettbewerbsfähigkeit sind Fortschritte bei Schlüsseltechnologien wie Künstliche Intelligenz (KI), Quantencomputing, autonome Systeme, Blockchain und CyberSecurity. Wenn es hier gelingt, europäische Standards zu entwickeln und Fähigkeiten gezielt auszubauen, können wir zentrale Zukunftsfelder der digitalen Welt auf Basis unseres Wertesystems weiterentwickeln.

“Wir wollen Nordrhein-Westfalen zum modernsten und klimafreundlichsten Industriestandort Europas machen - gerade deshalb ist der nachhaltige Auf- und Ausbau von Schlüsseltechnologien, Plattformen und Standards auf Europäischer Ebene für uns wesentlich.“

Wir wollen Nordrhein-Westfalen zum modernsten und klimafreundlichsten Industriestandort Europas machen - gerade deshalb ist der nachhaltige Auf- und Ausbau von Schlüsseltechnologien, Plattformen und Standards auf Europäischer Ebene für uns wesentlich. Gleiches gilt für die Zukunftsfähigkeit unserer Industrie. Ihre künftige Wettbewerbsfähigkeit wird davon abhängig sein, wie schnell es ihr gelingt, die ambitionierten Klimaziele durch grundlegende Innovationen und faire Investitionsbedingungen umzusetzen.  Dabei geht es auch um neue Märkte und globale Wettbewerbsbedingungen für kohlenstoffarme Produkte und Produktionsverfahren innerhalb der EU – und damit auch in Nordrhein-Westfalen.

Regionale Strukturprogramme, aber auch Programme der Europäischen Territorialen Zusammenarbeit (ETZ) sind dabei auch zukünftig von besonderem Wert, um die dabei gewonnenen zusätzlichen PS schnell auf die Straße zu bringen und den europäischen Mehrwert zum Wohle der Bürgerinnen und Bürger sichtbar zu machen.  

Die stetig intensivierten Beziehungen mit unseren Nachbarländern, vor allem den Benelux-Staaten und Frankreich, nehmen für uns dabei eine wichtige Rolle ein und helfen uns, die grenzüberschreitende Zusammenarbeit der Staaten im Industriezentrum Nord-West-Europas weiter zu vertiefen und gemeinsame Ziele anzugehen.

Enge Handelsbeziehungen zum Vereinigten Königreich - trotz Brexit

Eines ist klar: der Austritt des Vereinigten Königreichs aus der Europäischen Union wird, unabhängig der Ausgestaltung zukünftiger Beziehungen, auch für Nordrhein-Westfalen nicht ohne Folgen bleiben. Die zukünftigen Beziehungen sollten daher, darin unterstützen wir die Europäische Union, so eng wie möglich sein. Wichtig ist aber auch, dass der EU-Binnenmarkt in seinem Gehalt, wie die Wahrung der vier Grundfreiheiten, nicht angetastet wird. Auch wenn ich mir persönlich wünsche, dass das britische Volk eine zweite Gelegenheit erhält, um über seinen Verbleib in der EU noch einmal abzustimmen, müssen wir unter den gegebenen Bedingungen eine möglichst akzeptable Lösung finden, die auch in Zukunft eine enge Zusammenarbeit zwischen der Europäischen Union und dem Vereinigten Königreich in den Bereichen Wissenschaft und Wirtschaft sowie gemeinsamer Sicherheit erlaubt.

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Prof. Dr. Andreas Pinkwart

Bis Juni 2022 Minister für Wirtschaft, Innovation, Digitalisierung und Energie des Landes Nordrhein-Westfalen

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