„It’s the economy, stupid!“ Dieser Wahlkampfclaim von Bill Clinton aus dem Jahr 1992 hat nichts von seiner Aktualität verloren: Wenn die Wirtschaft nicht läuft, gerät alles andere ins Rutschen. Genau das erleben wir aktuell bei uns in Deutschland. Eine Regierung, die Zukunft gestaltet – steht nur im Koalitionsvertrag. Deutschland als wirtschaftliche Lokomotive Europas – das war einmal. Verlässliche wirtschaftspolitische Rahmenbedingungen – Fehlanzeige. Aufbruchstimmung bei den Unternehmen – wann gab es die zuletzt?
Stattdessen ein Hauen und Stechen in der Regierungskoalition: Statt Deutschland-Tempo und Vision, wie die viel zitierte Zeitenwende zu gestalten ist, politisches Klein-Klein. Statt nachhaltigem und wettbewerbsfähigem Einstieg in die klimaneutrale Transformation, nur der Ausstieg aus den Technologien, die den Weg weniger steinig hätten gestalten können. Mit Energiekosten als Folge, die nicht nur die Wirtschaft überfordern. An allen Ecken viel zu viel Ideologie, die in erster Linie auf die Befriedigung der eigenen Wählerklientel, denn auf eine gemeinsam umgesetzte Renaissance zukunftsorientierter deutscher Wirtschaftspolitik abzielt. Statt Lokomotive steht Deutschland als einzige Industrienation auf der Wachstumsbremse. An zu vielen Stellen wird schulterzuckend in Kauf genommen, dass Regeln, Vorschriften und Steuern die deutschen Unternehmen gegenüber der internationalen Konkurrenz (vielleicht ja sogar willentlich) ausbremsen; um nicht zu sagen: ersticken.
Deutschland verliert den Anschluss!
Deutschland verliert den Anschluss! Das ist nicht nur ein Gefühl – internationale Beobachter, sei es der Economist oder die New York Times, stellen fest, dass hierzulande viel zu viel im Argen liegt. Wir lassen auf allen Feldern nach, wie auch die jüngste Pisa-Studie schmerzlich gezeigt hat: Die Bildungskatastrophe ist Realität. Statt mutiger Ideen, wie wir uns wieder nach vorne arbeiten, nur ratlose Gesichter und eine föderale Bildungspolitik, die sich fast nur noch gegenseitig blockiert. Wir dürfen es uns nicht leisten, dass einem Großteil junger Menschen das Rüstzeug für ihren weiteren beruflichen Lebensweg nicht ausreichend vermittelt wird!
Dass bei so vielen Problemen die Bürgerinnen und Bürger nach einfachen Lösungen und Orientierung rufen, ist nur logisch. Dass viele glauben, diese Lösungen bei einer Partei wie der AfD zu finden, das macht mir große Sorgen. Hier gerät etwas ins Rutschen. Die politische Mitte, die uns über viele Jahrzehnte eine stabile Demokratie garantiert hat, ist mehr als verunsichert. Dem müssen wir uns dringend entgegenstellen. Als Unternehmerinnen und Unternehmer tragen wir eine große gesellschaftliche Verantwortung, diese müssen wir viel stärker als bislang artikulieren und für unsere Werte eintreten – besonders bei der anstehenden Europa-Wahl.
Die alten Zöpfe müssen ab!
Worauf kommt es jetzt an? Die Regierungskoalition muss sich zusammenraufen und klare Prioritäten setzen – denn genau das ist der Kern von Politik: Wichtiges von Unwichtigem zu unterscheiden und so verlässliche Orientierung zu geben. Dazu gehört auch, vor harten Einschnitten nicht zurückzuschrecken und alles zu hinterfragen, sowohl ausufernde sozialpolitische Maßnahmen als auch ein über Jahrzehnte gewachsenes Subventionswirrwarr. Die alten Zöpfe müssen ab, damit zielgenau gefördert und gefordert werden kann. Eine umfassende Unternehmenssteuerreform ist zudem das beste Argument, um einen Großteil der 50 Subventionsmilliarden überflüssig zu machen.
Die Politik auf allen Ebenen muss sich zudem darauf besinnen, dass eine starke Wirtschaft auch die Basis für den gesellschaftlichen Zusammenhalt ist. Deshalb braucht es eine international wettbewerbsfähige Wirtschaft! Und eine Politik, die alles tut, was Wirtschaft stärkt – und alles lässt, was sie schwächt. Der Fokus muss also darauf liegen, Investitionen und Innovationen zu fördern. Ist alles nicht unbedingt neu, aber es passiert leider kaum etwas in diese Richtung. Die Erkenntnisse und der Konsens in der Analyse sind vielfach da, es fehlt an Umsetzungswillen und -kraft. Meine Erwartung an die Politik: Handelt!
Und zwar schnell! Das vielzitierte Deutschland-Tempo darf nicht zur Lachnummer werden. Bund und Ländern müssen gemeinsam Tempo machen beim Ausbau der Erneuerbaren, bei der Verkehrsinfrastruktur, bei Genehmigungsverfahren und der Verwaltungsdigitalisierung. Wir müssen weg davon, dass die politischen Ebenen sich gegenseitig den schwarzen Peter zuschieben, warum etwas nicht funktioniert. Es geht nur gemeinsam!
Es geht nur gemeinsam!
Das gilt auch für die vielen gordischen Knoten der deutschen Bürokratie. Dass Deutschland zu bürokratisch ist, hat selbst der Kanzler zugegeben. „Wir merken, dass wir gar nicht mehr die Manpower haben, die Regeln einzuhalten, die der Staat sich selbst gibt.“ Dieser bemerkenswerte Satz stammt vom baden-württembergischen Finanzminister Danyal Bayaz. Fachkräftemangel meets Bürokratie – der Supergau. Deutschland legt sich selbst lahm, wenn wir nicht umgehend gegensteuern. Aber bei welchem Knoten anfangen? Die Wirtschaft hat der Bundesregierung über 400 konkrete Vorschläge zum Bürokratieabbau vorgelegt. Da sollte was dabei sein, auf das sich Koalitionäre einigen können.
Wir brauchen jetzt klare Zeichen, dass die Regierung es ernst meint. Wir brauchen eine echte Zusammenarbeit zwischen Bund, Ländern und Kommunen, ein neues Wir-Gefühl. Und wir brauchen eine tragfähige Idee, wie wir unser Land wieder gen Zukunft ausrichten. Noch haben wir die Chance, den Anschluss wieder aus eigener Kraft zu schaffen. Die Voraussetzungen sind allesamt da. Aber die Zeit ist knapp. It’s the economy, stupid!