„Der Sozialstaat wird abgebaut! Der Sozialstaat braucht mehr Geld!“ Solche Aussagen fallen immer wieder in der politischen Diskussion. Fakt ist jedoch: Die Sozialleistungsquote lag 2022 bei 30,5 Prozent. Immerhin ein Drittel dessen, was wir erwirtschaften, wird also für Soziales ausgegeben. Auch ist das Sozialbudget in den vergangenen Jahren immer weiter gestiegen (2010: 770 Mrd. €, 2022: 1.178 Mrd. €). Statt mehr Geld brauchen wir Reformen, die den Sozialstaat finanzierbar und wirksamer machen:
- Wettbewerbsfähigkeit stärken: Was für Soziales ausgegeben wird, muss vorher erst einmal erwirtschaftet werden. Dies gelingt nur mit einer starken und wettbewerbsfähigen Wirtschaft. Nur so entstehen Arbeitsplätze – und Arbeit ist der beste Schutz vor Armut. Nur so gibt es Steuern und Abgaben, die das Sozialsystem finanzieren.
- 40-Prozent-Grenze einhalten: Die Beitragssätze zur Sozialversicherung liegen inzwischen bei über 40 Prozent. Dies verteuert die im internationalen Vergleich ohnehin schon hohen Arbeitskosten, was der Wettbewerbsfähigkeit unserer Unternehmen schadet. Und Arbeitnehmern bleibt so immer weniger Netto vom Brutto. Es braucht daher einen konkreten Fahrplan mit verbindlichen Umsetzungsschritten, um die Beitragssätze auf 40 Prozent zu begrenzen.
- „Fördern und Fordern“ ernst nehmen: Klar ist: Wer Hilfe braucht, dem muss geholfen werden. Gleichzeitig ist aber auch ein ausgewogenes Verhältnis von Solidarität und Subsidiarität wichtig. Das heißt: Hilfe zur Selbsthilfe, Einfordern von Mitwirkung und Eigenverantwortung sowie Umsetzung des Prinzips „Fördern und Fordern“.
- Fehlanreize abbauen: Gerade in Zeiten des Fachkräftemangels darf das Sozialsystem keine Anreize setzen, gar nicht oder weniger zur arbeiten. Wo möglich muss stärker auf Aktivierung statt auf Alimentierung gesetzt werden.
- Fokus auf Basissicherung legen: Angesichts der demographischen Entwicklung wird es immer schwieriger, die Sozialsysteme in ihrer heutigen Form nachhaltig zu finanzieren. Für eine soziale Sicherung auch in Zukunft müssen die Leistungen stärker auf eine Basissicherung fokussiert und auch der Mut zu unpopulären Strukturreformen aufgebracht werden.
- Präventiven Ansatz stärken: Mangelhafte Bildung erhöht das Risiko von Armut und Arbeitslosigkeit. Gute Bildungspolitik ist daher die wirksamste Sozialpolitik. Insbesondere der enge Zusammenhang zwischen sozialer Herkunft und Bildungserfolg muss durchbrochen werden.
Fazit: Wir brauchen einen starken und wirksamen Sozialstaat, der Menschen in Not hilft. Dies gelingt – gerade auf lange Sicht - aber nur, wenn die Sozialsysteme nicht überfordert werden und nachhaltig finanzierbar sind. Und auch nur dann hat der Sozialstaat Akzeptanz in unserer Gesellschaft und insbesondere bei jenen, die ihn finanzieren.
Der Standpunkt zum Download