Ministerpräsident Hendrik Wüst hat am Donnerstag, 13. März 2025, Spitzenvertreterinnen und -vertreter der nordrhein-westfälischen Industrie zu einem Austausch in der Staatskanzlei empfangen. Bei dem industriepolitischen Austausch, an dem auch Wirtschaftsministerin Mona Neubaur und Minister und Chef der Staatskanzlei Nathanael Liminski teilnahmen, wurden zentrale wirtschaftliche Herausforderungen diskutiert und gemeinsame Erwartungen an die künftige Bundesregierung hinsichtlich der Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit der nordrhein-westfälischen Industrie formuliert. Dabei wurde das Ergebnis der Sondierungsgespräche begrüßt, aber weitere Maßnahmen zur Erhöhung der Wettbewerbsfähigkeit der Industrie für erforderlich gehalten.
Die deutsche Industrie steht vor erheblichen Herausforderungen, vor allem durch gestiegene Energiepreise und Produktionskosten sowie globale wirtschaftliche Herausforderungen. Die Industrie in Nordrhein-Westfalen, geprägt durch energieintensive Unternehmen der Grundstoffindustrien, ist hiervon besonders betroffen. Gleichzeitig steht Nordrhein-Westfalen für eine starke industrielle Basis und ist damit zentral für den Wohlstand und die Innovationskraft in Deutschland.
Ministerpräsident Hendrik Wüst: „Mit dem breiten Schulterschluss von Unternehmen, Arbeitgeberverband und Gewerkschaften aus Nordrhein-Westfalen senden wir ein klares Signal nach Berlin: Die künftige Bundesregierung muss der Industriepolitik absolute Priorität einräumen. Die Ergebnisse der Sondierungsgespräche sind ein wichtiger erster Schritt, jetzt muss in den anstehenden Koalitionsgesprächen nachgelegt werden. Wir wollen den Industriestandort Deutschland und insbesondere Nordrhein-Westfalen zukunftsfähig machen. Deshalb fordern wir bezahlbare Energie für die Industrie, eine Gewährleistung der Versorgungssicherheit und den Abbau der Bürokratie. Die nächste Bundesregierung muss diesen industriepolitischen Impuls ernst nehmen und entschlossen handeln. Unsere Industrie braucht keine weiteren Hürden, sondern einen verlässlichen Rahmen für Wachstum und Investitionen.“
Wirtschaftsministerin Mona Neubaur: „Vom heutigen Treffen geht ein deutliches Signal aus: Die Situation für unseren Industriestandort ist ernst und die neue Bundesregierung darf jetzt keine Zeit verlieren. Wir brauchen endlich spürbare Entlastung bei den Energiepreisen, notwendige Impulse für die Transformation zur Klimaneutralität und ein klares Commitment für die Digitalisierung und Zukunftstechnologien damit wir weiterhin wettbewerbsfähig sind. Um attraktiv für Investitionen zu bleiben, müssen Planungs- und Genehmigungsverfahren schneller und Bürokratie endlich weniger werden. Wir als Land haben bereits Maßnahmen ergriffen: Mit dem Board für Entlastung und Beschleunigung schaffen wir Freiraum für unsere Unternehmen und beschleunigen die Verfahren spürbar. Zusätzlich setzen wir Rahmenbedingungen für Investitionen in die Transformation, die wir zum Beispiel über das neue Förderdarlehen NRW.BANK.Invest Zukunft anreizen.”
Arndt G. Kirchhoff, Präsident der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen e.V.: „Mit diesem industriepolitischen Impuls senden Politik, Wirtschaft und Gewerkschaften ein starkes gemeinsames Signal aus Nordrhein-Westfalen nach Berlin. Der Industriestandort Deutschland befindet sich in einer tiefen strukturellen Krise. Die Verbesserung der Wettbewerbsfähigkeit unserer Industrie und die Sicherung der Wertschöpfungsketten müssen daher jetzt höchste Priorität haben. Gerade für Nordrhein-Westfalen mit unseren vielen Grundstoffindustrien und unserem industriellen Mittelstand steht viel auf dem Spiel. Eine starke Industrie ist die unverzichtbare Grundlage für Wohlstand, Arbeitsplätze und nicht zuletzt auch für zukunftsfähige Sozialsysteme. Eine neue Bundesregierung muss daher zügig dafür sorgen, dass wir international wieder konkurrenzfähiger werden. Dafür brauchen wir jetzt schnell eine verlässliche und bezahlbare Energieversorgung, einen kompletten Mentalitätswechsel beim Bürokratieabbau und einen sofortigen Belastungs-Stopp.“
Knut Giesler, Bezirksleiter der IG Metall NRW: „Die Situation der nordrhein-westfälischen Industrie ist ernst. Jeden Tag gehen hier viele gut bezahlte Arbeitsplätze verloren. Das hat zu einem massiven Vertrauensverlust der Menschen in die Gestaltungsfähigkeit der industriellen Transformation geführt. Dieses Vertrauen gilt es jetzt schnell zurückzugewinnen. Dafür ist dieser industriepolitische Impuls ein guter Anfang. Weitere konkrete Schritte bei den Themen Fachkräftesicherung, Innovation und Investitionen müssen schnell folgen.“
Ministerpräsident Wüst, Wirtschaftsministerin Neubaur, Chef der Staatskanzlei Liminski und Vertreter der Industrie in Nordrhein-Westfalen fordern im heute beschlossenen Impulspapier deshalb entschlossene Maßnahmen auf nationaler und europäischer Ebene, um die Wirtschaft zu stärken, Arbeitsplätze zu sichern und Innovationen zu fördern.
Dabei stehen die folgenden Punkte im Fokus des industriepolitischen Impulses:
1. Energiepolitik
Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner begrüßen die im Rahmen der Sondierungsgespräche diskutierten Maßnahmen zur Entlastung der Industrie, halten jedoch weitergehende Schritte für erforderlich. Die Senkung der Energiepreise bleibt essenziell ebenso wie die Verlängerung und Ausweitung der Strompreiskompensation. Die Versorgungssicherheit muss durch den schnellen Ausbau von wasserstofffähigen Gaskraftwerken, leistungsfähigen Stromspeichern und flexiblen Kapazitätsmechanismen gewährleistet werden. Hierzu ist eine technologieoffene Strategie erforderlich, die langfristige Investitionssicherheit bietet und gleichzeitig zur CO2-Reduktion beiträgt. Wichtig ist auch der Aufbau einer bedarfsgerechten Wasserstoffinfrastruktur und der Abbau regulatorischer Hemmnisse für Carbon Capture and Storage (CCS) und Carbon Capture and Utilization (CCU).
2. Beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren
Darüber hinaus sind effiziente und beschleunigte Planungs- und Genehmigungsverfahren entscheidend für die Transformation der Industrie und den Ausbau zentraler Infrastruktur. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner bemängeln, dass dies in dem Sondierungspapier keinen Niederschlag gefunden hat. Nordrhein-Westfalen als stark industrialisiertes Bundesland ist in besonderem Maße auf schnelle Umsetzungsprozesse angewiesen, um wettbewerbsfähig zu bleiben. Vorzeitige Baubeginne müssen erleichtert und Entscheidungsprozesse durch Zustimmungsfiktionen beschleunigt werden. Bestehende Verfahrensschritte, die redundant oder nicht mehr zeitgemäß sind, müssen konsequent überprüft und reduziert werden. Gleichzeitig müssen digitale Verfahren flächendeckend eingeführt werden, um Genehmigungsprozesse zu vereinheitlichen und zu vereinfachen.
3. Bürokratieabbau
Die zunehmende Bürokratisierung stellt eine erhebliche Belastung für Unternehmen dar, insbesondere für kleine und mittelständische Betriebe, die ein wesentlicher Bestandteil der nordrhein-westfälischen Wirtschaftsstruktur sind. Deshalb muss es eine spürbare Entlastung durch konsequenten Bürokratieabbau auf nationaler und europäischer Ebene geben. Die Unterzeichnerinnen und Unterzeichner fordern zudem bei der Umsetzung von EU-Richtlinien ein Ende des sogenannten „Gold Plating“, also der Übererfüllung europäischer Vorgaben sowie eine praxistaugliche Gestaltung bürokratischer Anforderungen, wie das Lieferkettensorgfaltspflichtengesetz.
Neben diesen Schwerpunkten gibt es weitere zentrale Hebel zur Stärkung des Industriestandorts Nordrhein-Westfalen, wie etwa Investitionen in die Infrastruktur, eine wettbewerbsfähige Steuerpolitik und eine moderne Fachkräftesicherung. Gleichzeitig nimmt Nordrhein-Westfalen seine Verantwortung für den Industriestandort selbst ernst: Es sollen eigene Wachstumsfaktoren aktiviert, die wirtschaftlichen Stärken gezielt ausgebaut und strategische Impulse für mehr Innovation und Beschäftigung gesetzt werden. Hierzu gehören: Der Ausbau erneuerbarer Energien, starke Investitionen in die Bildung und die Fachkräfteoffensive, ein kontinuierlicher Bürokratieabbau und die Stärkung von Innovationen.
Die Pressemitteilung zum Download
Beschluss Industriepolitischer Impuls aus Nordrhein-Westfalen