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aus NRW

Kirchhoff: "Der Koalitionsvertrag setzt zahlreiche wichtige Impulse"

Der Präsident von unternehmer nrw, Arndt G. Kirchhoff, zum Koalitionsvertrag von Union und SPD.

„Es ist eine sehr gute Nachricht, dass Deutschland jetzt schnell eine handlungsfähige Bundesregierung bekommt. Ich hoffe sehr, dass dies auch der Startschuss für einen neuen Aufbruch in unserem Land ist. Der Koalitionsvertrag setzt zahlreiche wichtige Impulse zur Erneuerung unseres Landes und zur Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Standorts Deutschland, bleibt aber zugleich auch in wichtigen Politikfeldern hinter den Erfordernissen zurück. Umso wichtiger ist es, dass Union und SPD jetzt die großen strukturellen Probleme schnell angehen und beherzt lösen.

In der Energiepolitik werden endlich die richtigen Weichen zur Stärkung unseres Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland gestellt. Eindeutig positiv sind die Versprechen, die Stromsteuer für alle auf das europäische Mindestmaß zu senken, die Netzentgelte dauerhaft zu deckeln, einen Industriestrompreis für energieintensive Betriebe einzuführen und die Gasspeicherumlage abzuschaffen. Die Umsetzung der Maßnahmen muss jetzt aber schleunigst geschehen, schon zu lange haben unsere Unternehmen auf diese Entlastungen gewartet.

Beim Bürokratieabbau setzen Union und SPD sehr vielversprechende Ziele. Ein wirklich großer Schritt ist die Abschaffung des nationalen Lieferkettensorgfaltspflichtengesetzes.  Sehr begrüßen wir auch die Ankündigung eines nationalen Sofortprogramms für Bürokratieabbau, das 25-Prozent-Abbauziel bei Bürokratiekosten für die Wirtschaft sowie die jährlichen Bürokratierückbaugesetze. Die künftigen Regierungsparteien werden wir allerdings daran messen, dass der Bürokratieabbau nun auch endlich in der gesamten Breite der Wirtschaft spürbar wird. Gerade hier wurde in der Vergangenheit immer wieder viel zu viel angekündigt und am Ende viel zu wenig gemacht.

Beim Bürgergeld setzt der Koalitionsvertrag das klare Signal für ein neues Bewusstsein für den Wert der Arbeit. Dessen Umgestaltung zu einer Grundsicherung ist richtig. Dazu gehören der Vermittlungsvorrang, die Verschärfung bei Mitwirkungspflichten und Sanktionen und die Abschaffung der Karenzzeit für Vermögen. Das kann und muss dazu beitragen, wieder für mehr Fairness und Leistungsgerechtigkeit zu sorgen und die Akzeptanz unserer Sozialsysteme zu stärken.

In der Steuerpolitik sehe ich zwar richtige Ansätze, im Ergebnis ist sie aber zu wenig ambitioniert. Positiv ist der Investitionsbooster mit Abschreibungen auf Ausrüstungsinvestitionen von 30 Prozent. Eine dringend notwendige umfassende Unternehmensteuerreform zur Stärkung unserer internationalen Wettbewerbsfähigkeit bleibt allerdings aus. Bei der Körperschaftssteuer sind die Schritte zu klein und beginnen deutlich zu spät. Die Chance, mit der Abschaffung des Solidaritätszuschlags ein unmittelbares, starkes Signal an die Unternehmen zu senden, wurde leider nicht genutzt.

In der Sozialversicherung bereitet uns die Ausrichtung des Papiers große Sorgen. Wirkliche strukturelle Reformen sind nicht erkennbar. Insbesondere fehlt das Ziel, die Lohnzusatzkosten wieder unter die 40-Prozent-Marke zu senken. Stattdessen erfolgen weitere Leistungsausweitungen und Garantien, die angesichts des demografischen Wandels nicht zu halten sein werden. Eine neue Bundesregierung wird sich in den nächsten Jahren den Realitäten stellen und echte Strukturreformen einleiten müssen. 

Im Bereich des Arbeitsrechtes drohen weitere Eingriffe der Politik in die Lohnfindung. Zurecht wird zwar die Unabhängigkeit der Mindestlohnkommission betont, zu Unrecht werden aber gleichzeitig falsche politische Erwartungen und Vorgaben gesetzt. Damit sind weitere Eingriffe in die Tarifautonomie vorprogrammiert. Das angekündigte Tariftreuegesetz ist nichts anderes als bürokratische Symbolpolitik. Richtig ist, dass für die dringend erforderliche Flexibilisierung der Arbeitszeit nun die Möglichkeit einer wöchentlichen statt einer täglichen Höchstarbeitszeit geschaffen werden soll. Die gleiche Einsicht hätten wir uns auch bei den derzeit viel zu starren Ruhezeitregelungen gewünscht.

Mehr denn je bleibt Kernaufgabe einer neuen Bundesregierung die breite und tiefgreifende Stärkung der Wettbewerbsfähigkeit des Wirtschafts- und Industriestandorts Deutschland. Ich erwarte, dass Union und SPD hier schnell in den Umsetzungsmodus kommen, die Bedingungen für Investitionen und Arbeitsplätze zügig verbessern und so für einen echten Aufbruch in unserem Land sorgen. Angesichts der Rasanz der besorgniserregenden geopolitischen und weltpolitischen Veränderungen darf die Politik jetzt keine Zeit mehr verlieren. Und ich bin auch zuversichtlich, dass Deutschland mit der neuen Regierung endlich wieder ein Motor für ein starkes und international einflussreiches Europa sein wird. Es liegt in unser aller Interesse, dass die neue Bundesregierung erfolgreich ist."