„Ein Tariftreue- und Vergabegesetz ist aus meiner Sicht reine Symbolpolitik und wäre ein fataler Rückfall in längst überwunden geglaubte Zeiten. Wir haben in Nordrhein-Westfalen ein sehr umfangreiches Tariftreue- und Vergabegesetz in den Jahren 2010 bis 2017 gehabt. Das Gesetz war ein einziges Bürokratiemonster. Aus dieser Zeit ist mir kein einziges Unternehmen bekannt, das deswegen in den Flächentarif eingetreten wäre. Die Folge des Gesetzes war nur, dass es für tarifgebundene Unternehmen mehr bürokratische Nachweispflichten gab. Und nicht tarifgebundene Unternehmen haben sich an öffentliche Auftragsvergaben nicht mehr beteiligt. Das hatte damals die Auftragsvergabe für den Staat noch verteuert, und der Steuerzahler musste es am Ende bezahlen. Gerade diese erlebte Praxis in Nordrhein-Westfalen hat bewiesen, dass Tarifbindung nicht durch „Gesetze von oben“ geschaffen wird. Das geht nur mit modernen Tarifverträgen.
Obendrein wäre ein Tariftreuegesetz ein schwerer Eingriff in Tarifautonomie. Das Grundgesetz garantiert Tarifparteien eine geschützte Rolle. Das Prinzip der negativen Koalitionsfreiheit überlässt Unternehmen die Entscheidung, ob sie Mitglied in einem tarifgebundenen Arbeitgeberverband sein wollen oder nicht. Daran darf nicht gerüttelt werden.“