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aus NRW

Welt: „Es macht Sinn, Friedrich Merz eine gehobene Position zu geben“

Im Interview mit der Welt spricht NRW-Unternehmerpräsident Arndt G. Kirchhoff über die Wahl von Armin Laschet zum CDU-Parteichef.

Nordrhein-Westfalens Unternehmerpräsident Arndt Kirchhoff begrüßt es, dass sich der unterlegene Merz jetzt nicht in die „Schmollecke zurückzieht“. Viele Unternehmer würden auf seine Impulse hoffen. Grundsätzlich biete Lachet jedoch das bessere Gesamtpaket.

Von Carsten Dierig

Armin Laschet hat sich bei der Wahl zum CDU-Parteivorsitz gegen Friedrich Merz durchgesetzt. Arndt G. Kirchhoff ist Unternehmerpräsident in Nordrhein-Westfalen und kennt sowohl Merz als auch Laschet gut. Im WELT-Interview spricht er über das Wahlergebnis, dessen Folgen und die Forderungen der Wirtschaft gegenüber den Christdemokraten.

WELT: Herr Kirchhoff, der neue CDU-Chef heißt Armin Laschet. Ist das ein Wahlergebnis in Ihrem Sinne?

Arndt Kirchhoff: Das wird sich noch herausstellen. Denn es gibt von Wirtschaft und Unternehmen und damit auch von mir klare Erwartungen an den neuen CDU-Chef: eine mutige und wieder wegweisende Wirtschaftspolitik. In den vergangenen Jahren ist das wirtschaftspolitische Profil der Partei stark verwässert, wenn nicht gar abhandengekommen. Es gibt riesigen Nachholbedarf.

WELT: Wirtschaftspolitik gilt als die Stärke von Friedrich Merz.

Kirchhoff: Das stimmt. Aber auch Armin Laschet hat bei uns in Nordrhein-Westfalen mit seiner Wirtschaftspolitik so manches bewegt und das Land eindeutig nach vorne gebracht. NRW ist im Bundesländervergleich nicht mehr Schlusslicht. Trotzdem macht es sicherlich Sinn, Friedrich Merz einzubinden und ihm eine gehobene Position zu geben.

WELT: Ins CDU-Präsidium wollte er sich nicht wählen lassen. Dafür hat er angeboten, sofort Wirtschaftsminister zu werden.

Kirchhoff: Wirtschaftspolitik ist seine Stärke. Aus Sicht der Wirtschaft wäre er eine ausgezeichnete Wahl. Zudem war das Wirtschaftsministerium in den vergangenen Jahren auch nicht stark und durchsetzungsfähig genug. Auch erinnere ich an das groß angekündigte Industriepapier – da hatte man zunächst den Mittelstand komplett vergessen. Und in der Corona-Krise hat es zuletzt auch massiv gehakt. Jetzt werden die November-Hilfen erst im Januar ausgezahlt. Es geht hier um Existenzen und viele Arbeitsplätze. Große Teile der Unternehmerschaft sind wirklich extrem sauer. Frischen Wind in der Wirtschaftspolitik könnte unser Land also gut gebrauchen. Ich begrüße es jedenfalls ausdrücklich, dass Friedrich Merz helfen will und sich nicht in die Schmollecke zurückzieht.

WELT: Angela Merkel, um deren Kabinett es ja geht, hat bereits abgewunken und angekündigt, dass es keine Regierungsumbildung geben soll.

Kirchhoff: Dann hoffe ich, dass die bestehende Bundesregierung die Stärkung des Wirtschaftsstandorts wieder ernster nimmt. Die Folgekosten der Corona-Krise werden das Land belasten. Das nötige Geld muss noch erwirtschaftet werden. Dafür gilt es die Wirtschaft zu stärken und nicht, sie weiter zu schwächen wie in den vergangenen Jahren.

WELT: Welchen wirtschaftspolitischen Kurs fordern Sie?

Kirchhoff: Deutschland ist in vielen Bereichen gar nicht mehr wettbewerbsfähig. Wir haben die höchsten Energiepreise, zu hohe Steuern, sehr hohe Sozialkosten und hinken zugleich bei der Digitalisierung weit hinterher. Da muss dringend gehandelt werden. Nur wenn Unternehmenssteuern und vor allem Energiepreise sinken, wird es zu deutlich mehr Investitionen kommen. Andernfalls geht die Abwanderung weiter und Deutschland verliert weitere Teile der Industrie, allen voran bei den Grundstoffen, also etwa in der Chemie, beim Stahl oder auch in den Bereichen Papier, Zement und Kunststoff. Corona hat aber doch gerade erst gezeigt, wie gefährlich es ist, wenn entsprechende Industrien nicht mehr im eigenen Land sitzen.

WELT: Armin Laschet sagt selbst, dass er für die Fortsetzung des Merkel-Kurses steht.

Kirchhoff: Es muss ja auch nicht in jedem Bereich eine politische Kehrtwende geben. Was im Argen liegt, habe ich beschrieben. Und da kann Armin Laschet künftig ganz anders den Kurs mitbestimmen und die entsprechenden Leute einbinden. Am Ende kommt es auf das richtige Team an. Und dass Laschet kein Sonnenkönig, sondern ein Teamplayer ist, hat er stets bewiesen. Das halte ich für eine Stärke.

WELT: Welche Stärken sehen Sie noch?

Kirchhoff: Laschet ist besonnen und ausgleichend, aber gleichzeitig tatkräftig und kämpferisch. Er kann die Gesellschaft zusammenhalten und Menschen mitnehmen. Da ist er sicherlich ausgewogener als Friedrich Merz mit seinen Ecken und Kanten. Zudem hat er als Ministerpräsident Führungsstärke bewiesen. In der Summe bietet er sicherlich das bessere Gesamtpaket.

WELT: Wünschen Sie sich Laschet auch als Kanzlerkandidaten?

Kirchhoff: Ich traue ihm das zu. Aber das müssen CDU und CSU unter sich ausmachen. Grundsätzlich halte ich es aber für nicht ausgeschlossen, Parteivorsitz und Kanzlerkandidatur zu trennen. Das eine kann im anderen münden, muss es aber nicht zwangsläufig.

WELT: Das Ergebnis war am Ende knapp mit lediglich 55 Stimmen Unterschied bei 1001 Delegierten. Ist die CDU jetzt gespalten?

Kirchhoff: Das sehe ich nicht – und das hoffe ich auch nicht. Denn das wäre fatal für die Partei. Dass es knapp werden würde zwischen den beiden, habe ich erwartet. Unterschiedliche Meinungen und Flügel gehören dazu und sind auch wichtig für eine Partei. Am Ende sind aber alle Demokraten und müssen Ergebnisse akzeptieren, nach vorne blicken und trotz Konkurrenzkampf zusammenstehen. Aber davon gehe ich auch aus, wir sind ja nicht in Amerika. Noch dazu sieht man am Beispiel der SPD, wie schnell ein Absturz gehen kann. Das ist dann am Ende schlimm für das gesamte Land.

WELT: Vor allem die Frauen in der CDU haben mobil gemacht gegen Friedrich Merz …

Kirchhoff: … was ich nicht verstehen kann. Diese Kampagne war nicht fair. Nur weil er etwas zackiger ist, hat Friedrich Merz nicht automatisch etwas gegen Frauen, da wird er verkannt und ihm wird ein falscher Ruf angeheftet. Aber das geht ja heute schnell in den sozialen Medien.

Quelle: Die Welt