Als „in höchstem Maß besorgniserregend für den Wirtschaftsstandort“ haben die NRW-Unternehmensverbände den aktuellen Verhandlungsstand zum geplanten Lieferkettengesetz kritisiert. Der Hauptgeschäftsführer der Landesvereinigung der Unternehmensverbände Nordrhein-Westfalen (unternehmer nrw), Johannes Pöttering, sagte am Freitag in Düsseldorf, bei einer Umsetzung des Gesetzes in der gegenwärtigen Fassung seien gravierende Einschnitte in den Kunden- und Lieferantenbeziehungen tausender international aufgestellter Unternehmen im Land zu befürchten. „Das Lieferkettengesetz ist zwar gut gemeint, aber schlecht gemacht“, betonte Pöttering. In den Zielen für Menschenrechte und Umweltschutz sei man sich mit der Politik in vielen Punkten einig, der eingeschlagene Weg dorthin sei allerdings völlig untauglich. Insbesondere die drohende massive Rechtsunsicherheit im Bereich der zivilrechtlichen Haftung hätte für die Unternehmen unkalkulierbare Risiken zur Folge. Auch zahlreiche offene Fragen zur Auslegung der im Gesetzentwurf genannten völkerrechtlichen Abkommen, Konventionen und Charten bedeuteten eine unzumutbare Überforderung gerade für mittelständische Unternehmen. Den Betrieben drohe ein Wust von Vorschriften, zusätzlichen Kosten und bürokratischen Hürden, die ihnen nicht nur erhebliche Wettbewerbsnachteile bescherten, sondern sogar zur kompletten Einstellung der Geschäftsbeziehungen mit manchen Ländern führen könnten.
Unternehmen in Nordrhein-Westfalen hätten in der Vergangenheit bereits erhebliche Anstrengungen zur Einhaltung von Menschenrechts-, Sozial- und Umweltstandards ihrer internationalen Zulieferer unternommen. Völlig realitätsfern sei aber die Vorstellung, mit derart unklaren und unbestimmten gesetzlichen Regelungen Unternehmen auf deren weltweite Durchsetzung in der vollständigen Lieferkette verpflichten und im Zweifel auch haftbar machen zu können. „Die Politik schiebt damit den Unternehmen einseitig eine Verantwortung zu, der sie in diesem Umfang gar nicht gerecht werden können“, erklärte Pöttering. Vielmehr sei es zunächst einmal die außenpolitische Aufgabe des Staates, gegenüber anderen Ländern auf die Einhaltung der Menschenrechte einzuwirken. Abseits dessen helfe es auch den Menschen vor Ort nicht, wenn ausgerechnet deutsche Unternehmen jetzt ihre Geschäftsbeziehungen abbrechen müssten. Andere Länder der Welt warteten nur darauf, mit deutlich niedrigeren Standards in die entstehende Lücke zu stoßen.